Eine gefährliche Reduktion!

12.02.2014 09:25
"Wollen Sie die Volksinitiative für eine angemessene Entschädigung durch die Eidgenossenschaft an die Opfer 'fürsorgerischer Zwangsmassnahmen' des letzten Jahrhunderts annehmen?" 
 
So etwa könnte die Frage lauten, die dem Stimmvolk im fernen Jahr 2020 oder später unterbreitet wird, sollte die von Guido Fluri angekündigte Volksinitiative alle politischen und juristischen Hürden nehmen. 
Ich hoffe wirklich nicht, dass die komplexe Thematik der Aufarbeitung der "fürsorgerischen Zwangsmassnahmen" des letzten Jahrhunderts auf ein banales JA oder NEIN reduziert wird. Ich stehe deshalb dem angekündigten Vorhaben von Guido Fluri ablehnend gegenüber und möchte dies auch begründen:
 
Die Durchführung einer Volksinitiative ist eine Herkulesarbeit. Sie braucht die Unterstützung von Parteien, Verbänden und Organisationen, viel Geld und ein Heer von freiwilligen Helfern. Zudem muss eine Volksinitiative - will sie eine Chance haben - ein aktuelles Thema bewirtschaften, das der Bevölkerung unter den Nägeln brennt. Innert 18 Monaten, ab Publikation im Bundesblatt, müssen mindestens 100'000 gültige Unterschriften gesammelt werden. Danach beginnt der politische und juristische Überprüfungsprozess. Ist die Initiative gültig? Entspricht sie den Erfordernissen der Einheit der Form, der Einheit der Materie sowie der Vereinbarkeit mit den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts? Wenn ja, muss der Bundesrat und danach das Parlament entscheiden, ob sie die Initiative zur Annahme oder Ablehnung empfehlen möchten oder ob sie ihr einen Gegenvorschlag gegenüberstellen wollen. So weit so gut. 
 
Die Probleme für die Opfer "fürsorgerischer Zwangsmassnahmen" würden meiner Meinung nach erst jetzt beginnen: Nehmen wir an, Guido Fluri gelingt es tatsächlich, die für eine Volksabstimmung gültigen Unterschriften innert nützlicher Frist einzusammeln. Was, wenn Bundesrat und Parlament die Fluri-Initiative nachfolgend zur Ablehnung empfehlen, wie dies übliche Praxis ist? Es wäre eine erste schallende Ohrfeige an die Adresse der noch lebenden Opfer "fürsorgerischer Zwangsmassnahmen". Eine zweite, noch schmerzhaftere Ohrfeige würde folgen, wenn das zweite NEIN, dieses Mal vom "Volk" ausgesprochen, Tatsache würde. Denn seien wir nicht naiv: Die meisten Volksinitiativen haben beim Souverän keine Chance! 
 
Eine allfällige Volksinitiative Guido Fluri mag zwar gut gemeint sein, dient aber letztlich den Opfern "fürsorgerischer Zwangsmassnahmen" nicht. Zu gross ist das Risiko eines Fiaskos!