INTERNATIONAL PENITENTIARY FORUM, RJASAN (RUSSLAND) 5 - 6 DEZEMBER 2013! (Auszug aus meiner Rede)
Herr Vorsitzender, Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Erlauben Sie mir, dass ich mich kurz vorstelle:
Seit mehr als dreißig Jahren arbeite ich mit dissozialen straffälligen Jugendlichen im stationären Bereich. Einige Jahre als Verantwortlicher einer Jugendstrafanstalt für weibliche Jugendliche und danach während 25 Jahre als Direktor einer Jugendstrafanstalt für männliche Jugendliche in Zürich. Bis zu meiner Pensionierung war ich zudem für einige Jahre Präsident des Schweizerischen Fachverbandes Integras, einer Vereinigung, in welcher die meisten Institutionen der stationären Kinder- und Jugendhilfe Mitglied sind, und die ethisch und fachlich hohe Qualitätsansprüche in der Arbeit mit fremdplatzierten und/oder sonderpädagogisch geförderten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen fördert.
Es freut mich außerordentlich, dass ich an diesem internationalen Kongress sprechen darf. Auch freut es mich, dass wir miteinander den Dialog und den Erfahrungsaustausch über die Arbeit mit straffälligen Jugendlichen im Vollzug fortsetzen dürfen. Einen Dialog, den die Schweiz und Russland seit nun schon sechszehn Jahren intensiv pflegt. Denn im Jahre 1997 hat diese Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Strafvollzuges hier in Rjasan begonnen. In Kooperation mit der schweizerischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit DEZA richtete sich das Augenmerk anfangs auf die Ausbildung von Sozialarbeitern im Strafvollzug und entwickelte sich stetig weiter. Heute erfolgt die Zusammenarbeit im Rahmen der bilateralen Menschenrechtskonsultationen zwischen der Schweiz und Russland. In diesen etablierten Gesprächen, die dieses Jahr zum 11. Mal stattgefunden haben, tauschen sich unsere Länder zur nationalen und internationalen Menschenrechtspolitik aus. Als operationellen Teil des Dialoges unterstützt die Schweiz u.a. auch die langjährige und konstruktive Zusammenarbeit mit dem russischen Dienst für den Strafvollzug FSIN.
Das Hauptaugenmerk der heutigen Zusammenarbeit und des Dialoges zwischen dem schweizerischen Außenministerium und dem FSIN liegt bei der Reformierung des russischen Jugendstrafvollzuges und bei der gemeinschaftlichen Entwicklung eines Modelles der Resozialisierungseinrichtungen für deviant gewordene Jugendliche.
Die wichtigsten Themen in den verschiedenen Etappen der russisch-schweizerischen Zusammenarbeit waren:
- Die Ausbildung des Personals,
- Den Austausch von sozialpädagogischen und psychologischen Methoden,
- Die Realisierung gemeinsamer Untersuchungen mit der Fragestellung der Integration und Resozialisierung nichtvolljährigen Verurteilten,
- Die Austragung gemeinsamer Seminare und Konferenzen,
- Beratung bei der Umsetzung der Reformen in den Jugendkolonien.
Im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 besuchten diverse russische Fachdelegationen die Schweiz mit dem Ziel der Weiterbildung (Anstaltsdirektoren, Sozialpädagogen, Psychologen usw.)
Umgekehrt reisten im gleichen Zeitraum schweizerische Fachexperten verschiedene Male nach Russland und besuchten unter anderem die fünf Modellanstalten, die für die erste Reformetappe vom FSIN ausgesucht wurden.
Als Abschluss dieser Projektphase fand im Juni 2013 in der Nähe von Moskau ein Abschlussseminar über die gesammelten Erfahrungen und erreichten Resultate statt, an welchem neben anderen Konferenzteilnehmern und Gästen auch alle Direktoren der russischen Jugendkolonien teilnahmen. Ich bin besonders stolz, dass als Resultat dieser erfolgreichen Zusammenarbeit die erwähnten fünf Modellanstalten etabliert werden konnten, in denen die neu erarbeiteten Konzepte und Ansätze umgesetzt werden. Sie bilden nun die Basis für die weitere Erneuerung im Jungendstrafvollzug. Gerne möchte ich an dieser Stelle sämtlichen Personen, die uns bei der Umsetzung des Projektes unterstützt haben, herzlich bedanken. Ohne Ihr Engagement, Ihrer Leidenschaft und Visionen wäre ein solch eindrücklicher Erfolg nicht möglich gewesen.
Unsere auf Basis und Vertrauen fundierte Zusammenarbeit wird weiter gehen und vielversprechende Gespräche haben bereits mit dem FSIN stattgefunden. Dabei wollen wir Angefangenes weiterführen und vertiefen. Konkret heißt das, dass wir im Bereich des Strafvollzuges jugendlicher Straftäter und im Besonderen auf die Weiterentwicklung des begonnen Reformprozesses in den Jugendkolonien männlicher Jugendlicher, auf den Dialog im Bereich der Kulturpädagogik und auf den Einbezug der Kolonien für weibliche Jugendliche in den laufenden Reformprozess ein Augenmerk legen möchten.